Klangräume gestalten

Die akustische Aufenthaltsqualität lässt sich prinzipiell auf zwei Arten verbessern: durch Abschirmen, Absorbieren und Streuen von Schall (passiv) oder durch Einbringen von zusätzlichen Schallquellen (aktiv). Während die Gestaltung von Gelände, Gebäuden, Fassaden, Böden oder Vegetation den Klangraum passiv prägt, können Pflanzen und vor allem Tiere, aber ebenso Wasser oder Klangkunst den Klangraum aktiv bereichern.

In jeden Fall gilt es, in bestehenden Freiräumen das vorhandene Potenzial bezüglich akustischer Qualität zu erkennen und zu nutzen. Dazu gehören bestehende Bäume oder Gebäude, etc. Bei neu geplanten Freiräumen hilft ein Grundwissen an akustischen Wirkungen von Materialien und Massnahmen. Weiter gilt: Was hübsch und zeitgemäss aussieht, klingt nicht unbedingt gut!

Gelände und Strukturierung

Die Topographie eines Aussenraums spielt für den Klangraum eine zentrale Rolle. Ein Gelände mit verschiedenen Höhenstufen, Nischen und Mulden führt zu unterschiedlichen Hörerlebnissen und trägt zur akustischen Vielfalt bei.

Mit modelliertem Terrain zur akustischen Vielfalt

Gebäude, Kleinbauten und Mauern

Neue öffentliche Räume entstehen durch die Anordnung der Gebäude. Hier gelten verschiedene städtebauliche Kriterien. Werden zusätzlich auch akustische Bedingungen berücksichtigt, kann dies die Aufenthaltsqualität erheblich verbessern. Gebäude können einerseits den Lärm (z.B. von Verkehrsachsen) abschirmen und als Lärmschutzwand wirken, andererseits können sie aber auch über Reflexionsflächen den Lärm in die mit einem Gebäuderiegel geschützten Bereiche tragen.
Für eine lokale Verbesserung der Akustik in Pärken, auf Plätzen oder in Innenhöfen können auch Kleinbauten oder kleinere Schallhindernisse wie niedrige Mauern wirksam sein.

Gebäude und Kleinbauten schützen und gliedern
Mehr Ruhe auch hinter niedrigen Mauern

Wände und Fassaden

Für die Akustik der Aussenräume sind Gebäudefassaden und Wandflächen besonders wichtig, denn ihre Gliederung und die verwendeten Materialien bestimmen nicht nur die visuellen, sondern auch akustischen Eigenschaften. Je vielfältiger, desto besser der Klang.

Unterschiedliche Materialien verwenden u. grosse Fassadenflächen gliedern

Boden und Wege

Eine breite Palette von Materialien begünstigt die Klangvielfalt. Hierzu bieten sich eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten an. Entsiegelte Böden streuen und absorbieren den Schall und sind zudem eine wichtige hitzemindernde Massnahme. Die Bodenbeschaffenheit von Fusswegen bestimmt massgeblich auch den Klang der Schritte.

Vielfältige Bodenmaterialien anstreben

Pflanzen und Tiere

Mehr Grün jeglicher Art ist ein Gewinn für Mensch und Tier. Gerade in dicht besiedelten Gebieten leisten Pflanzen einen bedeutenden Beitrag zur Hitzeminderung. Sie schaffen zudem einen ökologischen Mehrwert und sorgen für ein Naturerlebnis in der Stadt.
Richtig eingesetzt streuen Pflanzen den Schall und wirken günstig gegen akustische Monotonie. Eigengeräusche von Menschen reflektieren an den Bäumen und erzeugen so einen angenehmen Raumeindruck. Auch Hecken können die Klangqualität positiv beeinflussen.

In der Lärmbekämpfung ist die Abschirmwirkung von Hecken vernachlässigbar. In der Klangraumgestaltung und in einer konkreten Situation lohnt es sich aber durchaus, eine Hecke als Hindernis für die hohen Frequenzbereiche und zur Verbesserung der Klangqualität zu prüfen.
Mehr Ruhe durch Hecken

Bezüglich Klangvielfalt und akustischer Streuung kann Vegetation als naturbasierte Lösung Plätze, Pärke und Innenhöfe aufwerten. Blätterrauschen und Fruchtkapselklappern schaffen zudem akustische Identität.
Der Klang der Pflanzen 

Gehölzstrukturen sind wichtige Lebensräume für verschiedenste Tierarten. Die in der Vegetation lebenden Tiere kreieren mit ihren Lauten eine naturnahe Atmosphäre und mindern die störende Wirkung von Lärm ab.
Tierstimmen erweitern die Klangvielfalt 

Wasser

Wasserklänge beleben Aufenthaltsorte in besonderer Weise, denn mit Wasser assoziieren wir Frische, Kühle, Trinken, Sauberkeit – kurz: Leben. Wasserklänge können Verkehrslärm in den Hintergrund treten lassen und so die Klangqualität verbessen. Natürliche Gewässer klingen fröhlich, kanalisierte hohl oder gar nicht. Brunnen sollen akustisch günstig platziert und auf die Umgebung abgestimmt sein.
Variierende Fontänen und Wasserspiele frischen die Aufmerksamkeit immer wieder von Neuem auf und lenken so vom Umgebungslärm ab.
Klangkunst mit Wasser erfreut Jung und Alt – vor allem, wenn sich die nasse Kunst spielerisch erkunden lässt.

Mit Brunnen, Bach und Fluss gegen Lärm von Auto, Tram und Bus bespricht Wasserklänge im Kontext von Verkehrslärm anhand von 40 Beispielen mit Hördemonstrationen.

Klangkunst

Künstlerische Interventionen prägen die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum mit. Im Idealfall geben sie Klängen eine Bedeutung, kommunizieren mit der Umgebung, machen uns aufmerksam und lassen uns die Umwelt neu erfahren.
Klangkunst kann dazu beitragen, die Identifikation mit einem Ort zu stärken und diesen damit für die Menschen wertvoller zu machen. Wasser als Bestandteil von Kunstprojekten ist besonders beliebt.

Klangkunst in öffentlichen Räumen fördert eine unmittelbar sinnliche Auseinandersetzung mit der Umgebung und stärkt die Identifikation mit dem Raum.
Dabei ist es wichtig, dass die Kunstwerke mit den örtlichen und sozialen Gegebenheiten interagieren. So entsteht eine wertvolle Wechselwirkung zwischen dem Kunstwerk, den wahrnehmenden Personen und ihrer Umgebung. Klangkünstlerische Interventionen können Alltagsklänge, die wir im besten Fall ignorieren und im schlimmsten Fall als störend empfinden, uminterpretieren. Die Klangkunst soll zum Staunen und zur Überraschung anregen und eine unterschiedliche Wirkung auf die verschiedenen Besucher:innen haben.

Klangkunst durch Transformation vorhandener Umweltklänge

Das Hinzufügen oder Umwandeln von Geräuschen kann dazu beitragen, unangenehme Geräusche zu überdecken und die Klangqualität einer Umgebung zu verbessern. Das Ziel ist, die Aufmerksamkeit auf andere Klangaspekte des Ortes zu lenken. Ein Beispiel dafür ist das Werk «Harmonic Gate» von Sam Auinger und Bruce Odland in der Europaallee in Zürich. «Das Kunstwerk erzählt eine andere Geschichte des Ortes», sagt Sam Auinger. «Es hilft uns, die eigene Umgebung neu zu erfahren. Wir sind eingeladen, unsere Sinne zu stärken und den Stadtraum aus der hörenden Perspektive zu erleben».

Klangkunst mit Wasser

Wasser als Bestandteil von Kunstprojekten ist beliebt. In dicht bebauten Gebieten werden Wasserspiele zudem als angenehme Erfrischung und als Interaktion mit der Umgebung empfunden. Ein Beispiel hierfür ist der bekannte Tinguelybrunnen in Basel. Mit seinen vielfältigen und atypischen Geräuschen geht er weit über das übliche Plätschern eines Brunnens hinaus.

Klang als Kontext

Das Potenzial von Klangkunst als Identität schaffende Intervention im öffentlichen Raum zeigt die «Suspended Sound Line», oder im Volksmund die Klangbrücke, von Max Neuhaus in Bern.

Die Klangkunst deutet darauf hin, dass gestalteter Klang im öffentlichen Raum ein elementares Anliegen ist und ganz neue, noch weitgehend unbekannte Bedeutungen für die Qualität der Raumwahrnehmung entstehen können.

Andres Bosshard, Klangkünstler