Münsterhof in Zürich

Direkt neben dem Fraumünster in Zürich gelegen, wurde der Münsterhof bis 2016 hauptsächlich als Parkplatz genutzt. Danach erfuhr er entscheidende Aufwertungen: Er wurde autofrei, fussgängerfreundlich frisch bepflastert und mit einem plätschernden Bronze-Brunnen versehen. Im Sommer 2019 schliesslich wurde der Münsterhof für vier Wochen zur blühenden Magerwiese: Die Kunstaktion „Insel in der Stadt“ installierte 4200 Blumenkästen, Bäume, Holzstege und Plattformen mit Sitzgelegenheiten. Die begehbare Begrünung schuf verschiedene Klangräume mit Hörinseln, die zu privaten Gesprächen einluden. Einen Eindruck dieser Veränderung bietet die Hördemonstration, deren Aufnahmen vor und während der Kunstaktion jeweils um die gleiche Tageszeit entstanden.

Beurteilung der Klangqualität im Hinblick auf die Aufenthalts- und Erholungsqualität

Die Beurteilung erfasst sowohl die Zeit vor wie auch diejenige während der Kunstinstallation.

Kriterien für Klangqualität
Feststellungen
Allgemeine Situation, Ruhe
gegenüber der Umgebung relativ ruhig, weil fast verkehrsfrei;
diesbezüglich keine Veränderung durch die Wiese
Vorherrschende Geräusche
entspannte Stimmen von Menschen herrschen vor; Schrittgeräusche auf Holzstegen sind eher auffälliger als solche auf dem gepflästerten Platz
Geräuschvielfalt - Klangvielfalt
*
wenig Vögel, aber Menschen und Wasser, mit Wiese: zusätzlich Schrittgeräusche auf Holzstegen
Kommunikationsfreundlichkeit
*
Verständigung problemlos, Gespräche sind aber weit hörbar; die Wiese schafft „Hörinseln" für Gespräche mit Privatsphäre
Akustische Nutzungsverträglichkeit
dank der Grossräumigkeit gut (ohne und mit Wiese)
Schallausbreitung und Reflexionen
Nachhall und nicht störende Echos passen zu diesem Platz;die Absorption der Wiese reduziert den Nachhall etwas
Ortung in Richtung und Distanz
auf dem Platz gute Ortung in Richtung und Distanz, durch die Wiese keine Veränderung
Wassergeräusche
der Brunnen ist dank kräftigem Strahl und grosser Fallhöhe weit herum wahrzunehmen, auch mit Wiese. Gut gemacht!
Spezielle Schallquellen
keine (wenn keine Veranstaltung)
Sicherheit vor Störungen auf Platz
Poser in der Umgebung; Rollkoffer rattern über Pflaster, Angekettete Eisenstühle scheppern bei Verschiebungen
Klangraum nach Wahl
*
ohne Wiese einheitlicher Klangraum; mit Wiese entstehen Hörinseln; Wahl zwischen verschiedenen Klangräumen möglich
Einzigartigkeit, Identifizierbarkeit
keine positiven Soundmarks (ausser evtl. Glocken des Fraumünsters)

* abweichende Beurteilung mit temporärer Wiese

Ort und Lage

Zürich, Münsterhof

Geschichte

Beitrag auf Wikipedia

Spezielles

Auszeichnung Flâneur d’Or 2012

Kunstinstallation mit Wiese von Heinrich Gartentor / Insel der Stadt, August/September 2019

Lärmsituation

Es führen keine Strassen direkt am Münsterhof vorbei. Stadthausquai und Münsterbrücke hinter der östlichen Öffnung sind eine beliebte Strecke für Autos (oder Fahrer), die sich gerne sehen und hören lassen. Dasselbe gilt für die tangential verlaufende Poststrasse im Südwesten.

Gestaltungsbereiche

Ausführung zu den einzelnen Gestaltungsbereichen finden Sie hier:
Klangräume gestalten

Gelände und Strukturierung
Der ganze Platz liegt auf einer Ebene, ohne akustisch wirksame horizontale oder vertikale Strukturierung.
Mit der Wiese kommt eine leichte vertikale Differenzierung hinzu.

Gebäude, Kleinbauten und Mauern
Die grossen Häuser umsäumen den Platz fast lückenlos und halten den Lärm aus der Umgebung wirksam ab. Ausnahme sind zwei relativ schmale Öffnungen gegen die Limmat einerseits und zur Poststrasse anderseits, durch welche laute Autos zu hören sind. An der Abschirmung gegen aussen ändert die Wiese nichts.

Boden und Wege
Die durchgängige Kopfsteinpflästerung ist ohne Abstufungen und Trottoirs gestaltet. Mit der sektorenweisen Ausrichtung der Pflastersteine entsteht eine visuelle Gliederung der Fläche. Aber akustisch bleibt die Fläche reflektierend, wenn auch mit etwas mehr Diffusion als bei Asphaltbelag. Es gibt keine Wege, man kann überall durchgehen oder -rollen. Die Pflästerung macht jede Fortbewegung auf harten Rollen sehr lärmig. Eine weitere Konsequenz der Pflästerung: Das Verschieben von am Boden angeketteten Eisenstühlen verursacht kurzzeitig viel mehr Lärm als auf Asphalt oder weichem Boden – und ist über den ganzen Platz zu hören.
Ganz anders bei der temporären Wiese, welche den mittleren Teil des Platzes absorbierend belegte. Dabei wirkten auch die Hohlräume unter der künstlich verlegten Wiese mit. Noch deutlicher hörte man die Hohlräume unter den Holzstegen, indem die Schrittgeräusche von einem hohlen Unterton begleitet waren. Sie klangen auf den Holzbrettern weniger hart als auf der Pflästerung und wirkten angenehm und interessant, wenn auch für einen städtischen Platz etwas befremdlich. Aber es ist ja der Sinn einer Kunst-Installation, vertraute Muster zu durchbrechen.

Wände und Fassaden
Die überwiegend historischen Häuser ringsum haben gegliederte Fassaden und bewirken mit ihren diffusen Reflexionen zwar einen hörbaren Nachhall, aber keine störenden Einzelreflexionen. Beim Glockenschlag hört man ein Echo, das aber als durchaus interessant und passend erscheint. Die Wiese vermindert den Nachhall und lässt deshalb die Reflexionen von den umstehenden Häusern etwas mehr hervortreten.

Pflanzen und Tiere
Seit der Neugestaltung 2016 brachte bisher nur die Kunstinstallation von Heinrich Gartentor für einen knappen Monat etwas Grün auf den Platz: eine Wiese auf künstlichem Untergrund (Nährboden) und wenige Bäumchen, die etwas Schatten spendeten, aber von Vögeln negiert wurden.Im Projekt der Architekten Romero und Schaefle sollte – als Pendant zum neuen Brunnen im Osten – eine Baumgruppe im Westen einen Ort mit angenehmer Aufenthaltsqualität schaffen – vielleicht sogar mit ein paar Vögeln. Das wurde dann nicht umgesetzt. Nach einem Postulat im Gemeinderat 2019 zeigten Abklärungen des städtischen Tiefbauamts, dass die komplexen Randbedingungen auf dem Münsterhof drei Winterlinden mit Rundbank zulassen könnten. Das kantonale Amt für Raumentwicklung gewichtete aber Denkmalpflege und Archäologie höher als das Mikroklima und verlangte Anpassungen. Geprüft werden nun andere Begrünungsformen wie mobile Bäume, Stauden oder Sträucher, um dem Wunsch der Bevölkerung nach einer Begrünung doch noch zu entsprechen. Medienmitteilung

Wasser
Der grosse Brunnen (Romero und Schaefle 2016) mit starkem Strahl und grosser Fallhöhe ist weitherum zu hören, in Lärmpausen bis 16 Meter weit weg. Er prägt den Platz (Hördemonstration seiner Schallausbreitung), auch dank der Reflexionen an den umstehenden Häusern. Jedenfalls passt dieser Brunnen akustisch bestens an diesen Ort.

Klangkunst
Vor Ort gibt es keine Klangkunst, wenn man von der Kunstinstallation mit Wiese 2019 absieht, die den Platz auch akustisch veränderte.

2017 gab es kein Anzeichen, dass dieser kleine Naturpark zu einem aktuellen Beitrag zur Klimadiskussion werden könnte.

Heinrich Gartentor, Künstler

In der Befragung von Passant:innen nach der Erneuerung des Platzes wurden der geringe Verkehr und die Ruhe, der Brunnen und die Grosszügigkeit gelobt, gefolgt von den mobilen Sitzmöglichkeiten und den Gebäudefassaden. 20 % der Befragten kritisierten das fehlende Grün auf dem Platz, die Kargheit und das Fehlen von Schattenplätzen. Insbesondere Sitzgelegenheiten im Schatten von Bäumen wurden vermisst. Die Beseitigung dieser Kritikpunkte käme auch der akustischen Aufenthaltsqualität zugut.