Gustav-Gull-Platz in Zürich
Die Europaallee in Zürich erscheint aus heutiger Sicht als zweifelhaftes Beispiel für eine zeitgemässe und hitzebewusste Urbanität. Im Osten geht sie in die Lagerstrasse über. Dort befindet sich seit 2019 der Gustav-Gull-Platz mit dem Wasserspiel auf 400m² in einer fast unmerklichen Absenkung der Allee, von Zürich Tourismus “Europfütze” oder “Europuddle” und von der Zeitschrift “Hochparterre” kurz “Pfütze” genannt.
Beurteilung der Klangqualität im Hinblick auf die Aufenthalts- und Erholungsqualität
Reflexion des Bahnlärms an der Fassade gegenüber
Ort und Lage
Projektbeschrieb
Realisierte Projekte in der Europaallee
(Stadt Zürich, Hochbaudepartement)
Spezielles
Die sieben Düsen der Europfütze können individuell angesteuert werden.
Lärmsituation
Häufiges, lautes Schienenkreischen von den Einfahrtgeleisen des Hauptbahnhofs im Nordosten und intermittierender Verkehrslärm (Ampeln) von der Lagerstrasse und Kanonengasse im Südwesten prägen den Platz akustisch.
Gestaltungsbereiche
Ausführung zu den einzelnen Gestaltungsbereichen finden Sie hier:
Klangräume gestalten
Gelände und Strukturierung
Europaallee und Gustav-Gull-Platz befinden sich auf einer Ebene, umgeben von hohen Gebäuden.
Nur eine Gebäudereihe trennt den Platz von den Einfahrtsgeleisen des Hauptbahnhofs, wo wegen des kurvenförmigen Verlaufs durch vorbeifahrende Züge immer wieder lautes Kreischen entsteht.
Gebäude, Kleinbauten und Mauern
In dieser Situation, mit lautem und lästigem Eisenbahnlärm, geprägt von viel Schienenkreischen, können nur hohe Gebäude als Schallschutz helfen. Hoch sind die Gebäude zu beiden Seiten des Platzes zwar, aber sie lassen schmale Lücken offen, welche den Lärm passieren lassen, der zudem an den harten Seitenwänden dieser Gebäude reflektiert wird.
Wände und Fassaden
Unglücklicherweise steht auf der gegenüberliegenden Seite ein hohes Gebäude mit glatter Fassade, welches den Lärm reflektiert und auf den Platz zurückwirft. Auf den Sitzplätzen vor den Gaststätten an der Pfütze ist man zwar gegen den Direktschall von der Bahnhofeinfahrt einigermassen abgeschirmt (wenn man nicht vor einer Lücke zwischen zwei Gebäuden sitzt), hört dann aber die Reflexion am gegenüberliegenden Gebäude, so dass man einfahrende Züge auf jener Seite vermutet.
Boden und Wege
Der Boden besteht aus Asphaltbelag und Steinplatten, auch um die Anlieferungen für die Geschäfte mit Liefer- und Lastwagen zu ermöglichen. „Der Asphaltbelag führt die städtische Materialität der angrenzenden Quartiere im neuen Stadtteil fort“, heisst es im Projektbeschrieb. Dann dürfte ein solcher Platz also nicht angenehmer gestaltet sein als die umgebende Beton- und Steinwüste, sondern müsste die Irrtümer der Vergangenheit perpetuieren?
Pflanzen und Tiere
Die mageren Gingko-Bäume spenden kaum Schatten, entfalten keine akustische Wirkung und müssen sich noch entwickeln, auch um für Vögel interessant zu werden.
Wasser
Die Pfütze mit ihrer Fläche von 400 m² kühlt ihre unmittelbare Umgebung, und die sieben Fontänen maskieren zeitweise den Verkehrslärm von der offenen Seite des Platzes, füllen Lärmpausen und lassen den Platz so ruhiger erscheinen. Die Positionierung der sieben Fontänen auf der Ostseite der Pfütze ist optimal gewählt, weil so der Verkehrslärm von der Kanonengasse/Lagerstrasse nicht nur maskiert, sondern vom Wassergeräusch aufgenommen wird. Die Fontänen können abgeschaltet und kontinuierlich oder animiert betrieben werden. Ein Wechsel im Betriebsmodus kann die Aufmerksamkeit wieder zum Wasser und seinem Geräusch lenken. Allerdings wird der Verkehrslärm wieder mehr auffallen, wenn das Wassergeräusch pausiert.
Die Pfütze bietet zudem Erlebniswert, denn kleine und grössere Kinder können gefahrlos darin spielen, hindurchwaten und mit dem Velo oder Dreirad hineinfahren. Das belebt den Platz auch akustisch.
Klangkunst
Am Gustav-Gull-Platz gibt es keine Klangkunst. Die Europfütze sorgt für eine erfrischende und unterhaltsame Aufwertung des Orts.Am anderen Ende der Europaallee erklingt aus blauen Klangsteinen die Klanginstallation „Harmonic Gate“ des Künstlerduos O+A, Bruce Odland und Sam Auinger.
Mit Brunnen, Bach und Fluss gegen Lärm von Auto, Tram und Bus
Ein Bündel bogenförmiger Wasserstrahlen legt hier einen feinen Klangteppich über den Ort.
Krebs und Herde Landschaftsarchitekten
Aus Sicht der Klangraumgestaltung ist diesem Statement durchaus beizupflichten. Den Anspruch auf eine „hohe Aufenthalts- und Erholungsqualität“ (gustav-zuerich.ch) vermag der Gustav-Gull-Platz aber wegen der mangelnden Abschirmung gegen Schienenlärm und der störenden Reflexionen an den grossen Fassaden trotz der Europfütze nicht einzulösen: Die Beurteilung der Klangqualität fällt nur knapp genügend aus.